Freitag, 17. März 2006

Die Mär vom Brav sein

Heute gibt’s nur diesen einen Blogeintrag (wie auch in absehbarer Zeit, warum? Lest einfach weiter), weil wir heute mit der Regel vertraut gemacht wurden sind, daß wir im Klassenraum Internetverbot haben. Eine Regel, die wenn man sie extrapoliert, den Weltfrieden bedingt. Jetzt mag sich der geneigte Leser fragen „Wie jetzt? Hä?“.
Na ganz einfach: Wenn jeder sich an Regeln halten würde, wären ja alle brav. Keiner würde etwas Böses tun. Und alle leben Glücklich und zufrieden, bis das der Tod sie scheidet.

Die einzigste Bedingung dazu wäre, daß jedem die Regeln bekannt sein müßte (den Willen sie zu befolgen vorausgesetzt).
Und genau da liegt der Knackpunkt, den ich jetzt etwas weiter herleiten muß:
Wir haben zu Beginn dieses Kurses den Wunsch geäußert, daß im Theorieraum auch Rechner aufgebaut werden sollten, damit wir die Ausführungen des Dozenten quasi in Echtzeit im Curriculum nach lesen könne. Der Wunsch wurde uns gewährt. Nachdem die Rechner dann aufgebaut wurden, gab es eine kleine Einweisung, wo unter anderem gesagt wurde, daß diese Rechner kein Internet haben. Wir sind auch gar nicht auf die Idee gekommen, die Schulrechner ans Netz anzuschließen. Aber nach einiger Zeit sind wir aber auf die Idee gekommen, unsere Notebooks an die offen herumliegenden Patch-Kabel anzustöpseln. Durch einfaches Herumprobieren der Standart-IPs war auch recht flink die zu tätigenden Einstellungen gefunden.

(Noch mal zur Verdeutlichung: auf dem „Lehrertisch“ steht neben ein Lehrerrechner auch ein Switch, welcher mit dem internen Netz verbunden ist, welches wiederum mit dem Internet verbunden ist. An eben jenem Switch sind auch noch mehrere 2,5 Meter Patch-Kabel angestöpselt, die unbenutzt sind.)

Eigentlich haben wir das anfänglich nur gemacht, um bei der Auswertung der Tagesprüfung, die Fragen zur Verfügung zu haben. Fragt jetzt nicht, warum unser Dozent, die nicht in gedruckter Form dabei hatte, ich schiebe es auf seine Unerfahrenheit als Dozent.
Jedenfalls half es uns sehr, um Probleme, die bei der Beantwortung auftraten noch mal aufzubereiten. Aber wie schon geschrieben, ist mir ein Großteil des Inhalts von Semester 1 bekannt und so suchte ich halt einen Weg meine Langeweile zu zerstreuen und nutzte das Netz für „niedere“ Belange. Niedere Belang schlossen in diesem Fall auch ein, daß wenn etwas unklar war, ich im Netz nach Informationen suchte, um der Klasse das aus einer anderen Perspektive zu erklären … allerdings auch eben jenes Blog hier zu erstellen.

Ok, genug zur Vorgeschichte: Jedenfalls hatten wir heute wieder so einen Tag, wo die Tagesprüfung eine sehr knackige Frage hatte, die wir diskutieren wollten, da die Hälfte der Klasse ein Problem mit dem Grundverständnis hatte, weshalb sich 2 PCs in verschiedenen Subnetzen trotz das sie am gleichen Switch hängen nicht sehen. Ihr sagt jetzt, Mensch das ist eben so. Aber „Warum“ ist das so? Die physische Verbindung ist vorhanden, der Switch kennt beide Mac-Adressen, aber ein Ping geht von A nach B trotzdem nicht … und nu erklär das mal einem, der dir mit einem „aber warum?“ ein Loch in den Bauch fragt.
Jedenfalls hatte unser Dozent, arge Erklärungsnot und ich konnte es auch nicht schlüssig erklären und so beschlossen wir den Rat von unserem CCIE einzuholen. Ich glaube, unser Dozent erklärte wohl grade das Problem und ließ dabei eben auch die Bemerkung fallen, daß wir wohl im Internet die Fragen abgerufen haben. Und da hat irgendwas eingerastet bei unserem CCIE, und er stürmte zu uns ins Zimmer und begann wutentbrannt etwas von Disziplin, Core-Netzwerken und Vertrauen in die Klasse zu brüllen (ja, es war für mich vorerst auch so zusammenhangslos, wie hier der Eindruck rüberkommt). So kam zum Beispiel ein Beispiel, daß wenn du ein lieber und braver Mensch bist und „nur“ CCNA bist, du einem versierten und erfahrenen, aber bösen CCNP jederzeit vorgezogen wirst. Nun ja nur gut, daß das jedem Personaler sofort im Einstellungsgespräch klar ist und er den CCNP mit 5 Jahren Erfahrung in die Wüste schicken muß und den frischen CCNA direkt nach der Schulbank einstellen muß. Selbst der Grund, weshalb man ein schlechter Mensch ist, wenn man eine unbekannte Regel aus Versehen bricht, ist mir unklar.
Der am meisten gebrauchte Ausdruck während der Phase des „rechtschaffenden Zorns“ war: „Dies ist eine One-way-Kommunikation“. Daß sich Kommunikation und „One Way“ eigentlich gegenseitig ausschließen, erwähn ich nur am Rande, denn viel interessanter war der Zeitpunkt, wann dieses Kredo zum Besten gegebenn wurde; jedesmal wenn einer den Mut hatte, etwas erwidern zu wurde ihm damit der Mund verboten. Ja genau, richtig gehört, einer Klasse, bestehend aus Kerlen, die zT über 50 sind, wurde der Mund verboten.
Nachdem er sich langsam beruhigte und keine wilden Drohungen ausstieß, kristallisierte sich so langsam heraus, warum er hier derart die Fassung verloren hat: Er war der felsenfesten Überzeugung, zu Beginn der Schulung (oder halt da, wo die Einweisung in die Schulrechner stattfand) die Nutzung des Internets ausdrücklich für den Raum verboten zu haben. Daß das 13 Leute (12 Schüler plus 1 Dozent) das grade zum ersten Mal davon hörten, wurde schlichtweg ignoriert und es kam wieder der Satz mit der One-Way-Kommunikation, als versucht wurde, etwas zu sagen. Er sah in dem Brechen der uns unbekannten Regel einen Vertrauensbruch zwischen uns und der der Firma. Außerdem setzte er die Schwere in etwa in der Höhe an, daß der Enkel, der grade einen 10Euro-Schein von der Oma bekommen hat, diese nieder schlägt, sie ausraubt und dann auch noch die kleine Schwester an die Organmafia verkauft.
Nun kommen wir zum Stichpunkt Verhältnismäßigkeit: Selbst wenn man davon ausgeht (unbelehrbarer Weise), daß wir von der Regeln in Kenntnis gehabt hätten und diese absichtlich gebrochen hätten, wäre in meinen Augen maximal ein Gespräch mit leicht gehobenem Zeigerfinger notwenig gewesen, um die Standpunkte zu klären. Was wir bekamen war eine 15 Minuten lange Moralpredigt, in der keinerlei Resonanz von uns zugelassen wurde, das Wort womit unsere Wortmeldung brutal abgewürgt wurden. Irgendwie fühlte ich mich in meine Grundschulzeit als Jungpionier zurück versetzt, als dann der Pionierleiter mit uns ähnlich ins Gericht zog, weil wir uns geprügelt hatten (eine Schulhofklopperei wo sich die halbe Schule geprügelt hatte. Im Moment weiß nicht mal mehr warum ;) ). Damals mußte wir die Pionier-Gebote (ich glaub es waren 10) 20 mal abschreiben.
Nunja, das blieb uns glücklicher Weise erspart … man stelle sich mal vor: 12 Leute zwischen 24 und 52 sitzen vor einem Stück Papier und schreiben fleißig „Ich darf nicht das Internet von meinem Klassenraum aus nutzen.“. Wenn ihr das nur halbwegs vorstellen könnt, wie es wäre an dieser Stelle auf der Bank zu sitzen, habt ihr einen Eindruck, was mir zum Ende dieser Moralpredigt durch den Kopf gegangen ist … ich bin froh, daß mich danach niemand angesprochen hat, ich hätte nicht für die körperliche Unversehrtheit desjenigen garantieren können.

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